Auschwitz-Fahrt im August 2022

von | Mi, 21. Sep. 2022

1,3 Millionen Menschen wurden in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Darunter waren Juden, Sinti und Roma, sowjetische Kriegsgefangene sowie viele andere Häftlinge anderer Nationalitäten. Die Schuld daran tragen die Menschen, die in der dunkelsten Epoche der deutschen Geschichte an der Macht waren: Die Nationalsozialisten.

Im Rahmen des Projektes „MUT – gestern und heute“, organisiert von der Rheinischen Fachhochschule Köln, das am 21. März im Deutschen Sport & Olympia Museum in Köln begann, hatten acht Schülerinnen und Schüler des Norbert Gymnasium Knechtsteden sowie jeweils acht Schülerinnen und Schüler von 3 weiteren Gymnasien der Umgebung in Begleitung von Frau Schiff und Frau Müller die Möglichkeit, die Gedenkstätte des ehemaligen deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz sowie Auschwitz-Birkenau zu besuchen.

Die Exkursion begann am Freitag, den 26.08.2022, mit dem Flug nach Krakau und der anschließenden einstündigen Busfahrt zu der rund 50 Kilometer westlich gelegenen Stadt Oświęcim (deutsch Auschwitz). Zunächst erkundeten wir die Umgebung unserer Unterkunft. Dabei stießen wir schnell auf das Museumsgelände des ehemaligen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz I. Auch wenn das Gelände größtenteils von Mauern umgeben ist, war es möglich, Teile des ehemaligen Lagers zu erblicken. Die Stadt wurde 1939 beim Überfall auf Polen von der Wehrmacht besetzt und dem deutschen Territorium hinzugefügt. Das Konzentrationslager Auschwitz I wurde 1940 erbaut. Im selben Jahr wurde das drei Kilometer entfernte Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau errichtet. In spärlichen Holzbaracken hausten die mit Zügen in die Lager deportierten Gefangenen. Dieses Lager wurde so Schauplatz der systematischen Ermordung von schätzungsweise 1,1 bis 1,5 Millionen unschuldig Verschleppten.

Am Abend des Ankunftstages wurden wir präventiv von einem katholischen Priester, der bereits seit vielen Jahren in Oświęcim lebt und arbeitet, über einige Eindrücke, die uns am nächsten Morgen beim Besuch der Gedenkstätte erwarten würden, aufgeklärt. Dabei wurde vor allem die emotionale Wirkung, die der Besuch der Gedenkstätte haben kann, thematisiert. Wir ließen den Tag mit viel Ruhe und Spaziergängen ausklingen, sodass wir am nächsten Tag auf den Besuch der Gedenkstätte der Vernichtungslager vorbereitet waren.

Der Morgen des Samstages danach war geprägt von durchgehender Aufregung, denn wir alle waren gespannt und wussten nicht, was auf uns zukommen würde. Angekommen am Lager “Auschwitz 1” machten wir direkt Bekanntschaft mit der Expertin, die uns heute insgesamt 6 Stunden durch die beiden Lager Auschwitz und Birkenau führen sollte. Als wir durch das berüchtigte Tor “Arbeit macht frei” gingen und nebenbei die Zahlen der Opfer hörten, lief uns ein kalter Schauer den Rücken runter. Der Großteil von uns wusste vor allem nicht, wie wir mit dieser unvorstellbar großen Zahl umgehen sollten, denn allein ein volles Fußballstadion beinhaltet schon allein 40.000 Plätze, was schon eine enorm große Zahl ist. Wie kann man sich also die Zahl 1.000.000 vorstellen?

Im weiteren Verlauf kamen wir in einen Raum, der uns die Boshaftigkeit und Gewissenslosigkeit der Nazis umso mehr spüren ließ. Denn es wurde uns die persönliche Ebene zu den Opfern aufgetan: Berge von Haaren, die die Nazis ihren Opfern abschnitten, bevor diese zum abmagernden Arbeiten zurückgelassen wurden. Berge von Prothesen, Rollstühlen, Brillen, Kochgeschirr und sogar Koffer der Opfer ließen uns innerlich erschüttern. Vor allem die Fotos der abgemagerten Opfer stiegen uns immer wieder zu Kopf. Fragen, wie sowas in der Gesellschaft akzeptiert worden sein kann und große Verständnislosigkeit machten sich in uns breit. Zu diesem Zeitpunkt haben wir schon viel über die unmenschliche Behandlungsweise der erwachsenen Gefangenen gelernt. Jedoch bekamen wir ein paar Minuten später die Gefühle der Kinder auf unmissverständliche Weise mitgeteilt. Bei der Nachbesprechung wurde vor allem dieser Faktor angesprochen. Es war und ist immer noch unglaublich angsteinflößend die Zeichnungen der 10-Jährigen zu sehen, die Stricke zum Erhängen der anderen Häftlinge gemalt haben. Eine solche Depression der Kinder wäre in der heutigen Zeit zumindest in Europa vollkommen unvorstellbar. Dies zeigt aber auch, dass wir Menschen in der Lage sind aus unseren Fehlern zu lernen. Reden von führenden Nazis sind uns auch nicht verborgen geblieben, denn diese liefen auf Monitoren in einem Raum des Lagers. Dort wurden Juden auf vehementeste und unmoralischste Weise denunziert und verleugnet.

Um noch einmal auf die inhumane Behandlungsweise der Zuchthäusler zurückzukommen: Juden wurden nicht nur unterernährt, nein, sie mussten auch in kalten Nächten kerzengrade auf dem Lagerkomplex stehen. Rührte sich einer der Gefangenen nur ein bisschen, hatte dies beispielsweise Folgen, wie die grundlose Ermordung oder aktive Aushungerung des Gefangenen, nur, weil dieser verständlicherweise keine Kraft mehr aufwies. Dabei kamen Erschießungskommandos, bei denen reihenweise Insassen, wegen angeblich menschlichen Fehlverhaltens, erschossen wurden, auch nicht selten vor.

Gegen Ende des Besuchs im ersten Lager erhielten wir einen kleinen, aber ausreichenden Einblick in eine Gaskammer. Um nicht wirklich ins Detail zu gehen, sollte man trotzdem noch die Fingernägel-Kratzer der Vergasungsopfer an den Wänden des einstigen Bunkers erwähnen. Ohne Worte und mit verstörten Gemütern, verließen wir diesen Ort, in der Hoffnung diesen nie wieder betreten zu müssen.

Der Besuch im Lager “Auschwitz 2” zeigte uns vor allem eine Sache: Die Nazis müssen so besessen von Hass gegenüber ihren Opfern gewesen sein, dass sie es überhaupt in Erwägung zogen einen solchen Aufwand nur für deren Auslöschung zu betreiben. Unzählige Barackenruinen erstreckten sich über das insgesamt 191 Hektar große Gelände der Zerstörungsausführung. Hat man sich einmal in seiner Kindheit mit seinen Eltern deren Doppelbett geteilt, weil man nachts Angst hatte zu schlafen, weil vielleicht ein Gewitter über das Haus hinweg zog, und diese Situation als eng empfunden, wäre man wahrscheinlich in einer Baracke der Nazis um den Verstand gekommen. Denn, was man besonders gut in Auschwitz 2 sehen konnte, waren die matrazenlosen Pritschen, die kaum größer als ein typisches Doppelbett gebaut waren, und die sich die Häftlinge mit bis zu zehn Personen teilen mussten. Eine weitere Zumutung, die die Nazis von ihren Opfern verlangten, waren die Gruppentoiletten, die nicht einmal mit einer Trennwand abgetrennt waren. In allem Unverständnis könnte man hier vielleicht noch einwenden, dass die Toiletten für so viele Insassen einfach nicht hätten abgetrennt werden können, jedoch erfuhren wir in diesem Kontext von einer weiteren Skrupellosigkeit der Nazis: Die Toilettengänge durften nur einmal am Tag, nämlich morgens ausgeführt werden. Und als ob das nicht genug ist, konnte sich der Toilettenwärter aussuchen, wie lange die Häftlinge ihren natürlichen Bedürfnissen nachgehen durften. In den meisten Fällen waren es 10 Sekunden am Tag, an denen die Häftlinge ihren Druck ablassen konnten.

Am Abend dieses langen Tages kamen wir erst eine Stunde in den kleinen Gruppen der einzelnen Schulen zusammen, um den heutigen Tag Revue passieren zu lassen. Dabei sind wir zu dem Ergebnis gekommen, über die Schülervertretung zu fordern, dass wenigstens eine Fahrt nach Auschwitz für jeden Jahrgang im Laufe der Schullaufbahn organisiert werden sollte. Denn wir sind uns alle einig: so etwas darf sich auf gar keinen Fall wiederholen. Danach konnten wir in der großen Gruppe über unsere Eindrücke und Gruppenergebnisse sprechen. Den Sonntag haben wir alle in Krakau verbracht, um uns ein wenig von dem Vortag zu erholen, bevor wir am Montag zurück nach Düsseldorf fliegen durften.

Wir, als geschichts-interessierte Gruppe, wollen uns in aller Form bei allen Involvierten herzlich bedanken. Dieser Trip war ein enormer Mehrwert für alle Teilnehmenden, denn nicht nur unser aller Geschichte wurde aufgearbeitet, sondern auch neue Freundschaften konnten geknüpft werden.

von Constantin Beier, Philipp Decker, Jannes Hamacher (EF)